Beatriz Alves de Edmir Padovan
Derjenige, der das befolgt, was uns die weise Natur zeigt und lehrt, hat weniger Möglichkeiten Fehler zu machen.
Beatriz Padovan
- geboren am 29.09.1927 in Santana na Bahia, Brasilien
- 1960 Abschluss des Pädagogikstudiums
- von 1960 bis 1966 als Grundschullehrerin an der Waldorfschule in São Paulo (Brasilien) tätig
- 1970 Abschluss des Studiums zur Sprachtherapeutin an der Escola Paulista de Medicina in São Paulo, Brasilien
- von 1969 bis 1976 Lehrbeauftragte und Aufbaustudium an der kieferorthopädischen Fakultät der USP (Universidade de São Paulo), Brasilien
- zwischen 1969 und 1976 Entwicklung der Padovan-Methode® Neurofunktionelle Reorganisation
- seit 1976 praktische Anwendung der Methode in eigener Praxis
- seit Mitte der 1970er Jahre hielt Beatriz Padovan Vorträge und vermittelt ihre Methode in Kursen für ZahnärztInnen und KieferorthopädInnen, SprachtherapeutInnen, Physio- und ErgotherapeutInnen und andere Berufsgruppen in Brasilien und im Ausland (Deutschland, Frankreich, Griechenland, Kanada, Spanien)
- 1978 erster Vortrag und Kurs in Stuttgart für KieferorthopädInnen und Zahnärztinnen
- verstorben am 02.12.2023 in São Paulo, Brasilien
Voll Dankbarkeit hat die Gesellschaft der Padovan-Methode® – deutschsprachiger Raum e.V. Abschied genommen von Beatriz Padovan, die am Samstag, den 02.12.2023 nach einem erfüllten Leben im Alter von 96 Jahren verstarb.
Beatriz wird in den Herzen der TherapeutInnen ihrer großartigen Methode und in den Herzen der Menschen, die sie mit ihrem Charisma, ihrem großen Wissen, ihrer Leidenschaft und Lebensfreude berührte, begeisterte und inspiriert hat, weiter leben.
Einen Nachruf auf Beatriz Padovan, welcher durch Dr. med. dent. Hubertus von Treuenfels verfasst und in „Systemische orale Medizin“, 1 / 2024, veröffentlicht wurde, können Sie HIER lesen.
Beatriz Padovan entwickelte vor 40 Jahren, nach ihrem Studium zur Sprachtherapeutin, ihre Methode der Neurofunktionellen Reorganisation in Brasilien.
Vor ihrem Studium war sie Grundschullehrerin an der Waldorfschule in São Paulo, wo sie auch Kinder mit Lese-Rechtschreibstörungen unterrichtete. Gleichzeitig konnte sie beobachten, dass diese Kinder nicht nur Lernschwierigkeiten zeigten, sondern auch in ihrer Bewegungskoordination ungeschickter waren als Kinder ohne Auffälligkeiten im Schriftspracherwerb. Auf der Suche nach geeigneten Fördermöglichkeiten stieß sie auf Methoden der Sprachtherapie und nahm 1960 selbst ein Studium zur Sprachtherapeutin auf, um Kinder mit einer Lese-Rechtschreibstörung besser fördern zu können.
Während ihres letzten Studienjahrs nahm sie die Einladung des Arztes Dr. Interlandi an die Kieferorthopädischen Fakultät der USP (Universidade de São Paulo) in São Paulo an. Sein Ziel war, zusammen mit einer Sprachtherapeutin, Behandlungsmethoden für myofunktionelle Störungen zu entwickeln. Den Bereich der myofunktionellen Therapie hatte er in den USA kennen gelernt und er wollte ihn in Brasilien an der Universität von São Paulo etablieren. An der Kieferorthopädischen Fakultät arbeitete Beatriz Padovan sechs Jahre lang. Dort entwickelte sie ihr Mundprogramm mit den Übungen zu den Mundfunktionen „Atmung, Saugen, Kauen und Schlucken“.
Die Idee, mit Hilfe von Übungen zu den Mundfunktionen, komplexere Störungen, wie beispielsweise Artikulationsauffälligkeiten und myofunktionelle Störungen korrigieren zu können, basierte auf der ganzheitlichen Sichtweise der Anthroposophie und Beobachtungen der natürlichen Entwicklung des Menschen. Beatriz Padovan befasste sich zu jener Zeit intensiv mit der Waldorf-Pädagogik und stieß auf den anthroposophischen Vortrag „Gehen, Sprechen und Denken“. Dieser Vortrag beschreibt, dass komplexe Fertigkeiten auf „basalen“ Fähigkeiten aufbauen und sich aus diesen entwickeln. Die sensomotorische Entwicklung stellt danach die wesentliche Grundlage für spätere Lernprozesse dar. Darin fand sie schließlich auch ihre eigenen Beobachtungen von Kindern mit Lese-Rechtschreibstörungen während ihrer Unterrichtstätigkeit bestätigt. Diese Kinder hatten neben den Schwierigkeiten im Schriftspracherwerb durchweg auch Auffälligkeiten in der Motorik gezeigt.
Zu dieser Zeit stieß sie ferner auf die Arbeiten des amerikanischen Neurochirurgen Temple Fay, der das von Beatriz Padovan in ihrer Therapiemethode angewandte Körperprogramm prägte. Er behandelte Patienten mit Hirnverletzungen in den 1950er Jahren und konnte zeigen, dass eine Rehabilitation von Verletzungen des Zentralnervensystems bis zu einem gewissen Maße möglich ist. Die Arbeitsgruppe um Temple Fay herum nutzte, je nach Läsionsort des Nervensystems, einzelne ausgewählte Bewegungsmuster der ontogenetischen Entwicklung (Entwicklung des einzelnen Individuums) für die Rehabilitation neurologischer Erkrankungen.
Beatriz Padovan erkannte in diesen Bewegungsmustern ein mögliches therapeutisches Potential für die Behandlung der Bewegungsauffälligkeiten ihrer Patienten. Mit der ganzheitlichen Sichtweise der Anthroposophie, dass grundlegende Fähigkeiten komplexere Fähigkeiten und Fertigkeiten vorbereiten, begann sie alle grundlegenden motorischen Bewegungsmuster, die ein Kind in seiner Entwicklung durchläuft, mit den Übungen ihres Mundprogramms zu kombinieren. Beatriz Padovan machte sich somit die Strategie der Natur als therapeutisches Werkzeug zunutze. Sie nutzt Übungen, die sich an natürliche Bewegungsmuster der physiologischen Entwicklung orientieren und wiederholt diese in einer festgelegten Reihenfolge in jeder Therapiestunde, um bestimmte Funktionen zum Reifen zu bringen und Störungen zu mindern oder zu beheben.
Arnaldo Padovan – *03.08.1928 +04.08.2024
Argentinien, 1993: v.l. Arnaldo Padovan, Beatriz Padovan, Dr. med. dent. Hubertus von Treuenfels (Foto: privat)
Einen Nachruf auf Arnaldo Padovan, welcher durch Dr. med. dent. Hubertus von Treuenfels verfasst wurde, können Sie HIER lesen.